Warum ich mich für Sterbehilfe einsetze - Politik für Menschen mit Handicap

Politik für Menschen mit Handicap
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„Was nicht erst getrennt wird, muss hinterher nicht integriert werden.“ (Richard von Weizsäcker , ehemaliger Bundespräsident)

Warum ich mich für Sterbehilfe einsetze


Über die Vereinbarkeit des Schutzes behinderten ungeborenen Lebens mit selbstbestimmtem Sterben

Was veranlasst den Betreiber eines Webauftritts mit einer Seite, die sich für das Lebensrecht ungeborener Kinder einsetzt, bei denen das Vorliegen einer Behinderung vermutet wird, diesem Auftritt eine Seite hinzuzufügen, die sich mit dem Thema des selbstbestimmten Sterbens befasst? Weil solches jedenfalls auf den ersten Blick durchaus erklärungsbedürftig scheint, möchte ich auf dieser Seite*) mittels einiger erklärender und gleichzeitig sehr grundsätzlicher Bemerkungen meine Position zu dieser Frage verdeutlichen:

Der Einsatz für das Lebensrecht ungeborener Kinder – generell und in besonderer Weise bei einer vorgeburtlich vermuteten Behinderung und der für ein selbstbestimmtes Sterben haben eine gemeinsame Grundlage. Maßgebend ist in beiden Fällen der Grundsatz, dass über den Wert eines Lebens nur die Person entscheiden darf, der dieses Leben gehört. Nun wird bezüglich ungeborener Kinder möglicherweise eingewendet werden, ein Ungeborenes könne noch keine „Person“ sein. Dem halte ich entgegen, dass es sich immerhin um ein werdendes Leben handelt, das nach seinem Fötus- bzw. Embryonalstadium einmal ein Mensch sein wird und dann eben auch in dem Sinne eine „Person“, über deren Leben der deutsche Staat nach seinem Grundgesetz seine schützende Hand zu halten hat. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen einschlägigen Entscheidungen von 1975 und 1993 das Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten des Fötus auf Leben einerseits und der schwangeren Frau auf körperliche (und damit auch seelische) Unversehrtheit andererseits sehr ausführlich beschrieben und Maßnahmen des Gesetzgebers angemahnt, der Frau die Entscheidung für das Leben des ungeborenen Kindes zu erleichtern. Aus meiner Sicht ist hier auch fast 28 Jahre nach der Verkündung des letzten dieser beiden Urteile noch viel zu wenig passiert. Daher bleibt es bei der unbefriedigenden Situation, dass in diesen Fällen die schwangere Frau (bzw. die werdenden Eltern) darüber entscheiden, ob sie einem Kind mit einer Behinderung das Recht auf Leben zugestehen wollen oder nicht, und diese Entscheidung möglicherweise durch den Eindruck beeinflusst wird, mit einem behinderten Kind vom Staat weitestgehend allein gelassen zu werden.

Hiervon unterscheidet sich die Situation von Menschen, die ihr eigenes Leben nicht mehr als lebenswert ansehen und es daher beenden möchten, grundlegend. Während im Falle des ungeborenen Kindes die werdende Mutter bzw. die werdenden Eltern in der durchaus misslichen Lage sind, über den Wert des Lebens eines werdenden, möglicherweise behinderten Kindes und damit über dieses Leben selbst entscheiden zu müssen, urteilt hier der Träger dieses Lebens selbst darüber, ob er es noch als lebenswert empfindet oder nicht. Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich ist mir bewusst, dass diese Sichtweise eines Menschen auf sich selbst in teils extremer Weise äußeren (auch gesellschaftlichen) Einflüssen und Erwartungen unterliegen kann. Diese müssen selbstverständlich so weit wie nur irgend möglich ausgeschlossen werden können; ihre bloße Möglichkeit darf aber nicht als Vorwand dafür dienen, einem Menschen die Entscheidung über den Zeitpunkt des eigenen Todes zu verwehren.

Das hat sinngemäß das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 26. Februar 2020 entschieden (nähere Informationen finden Sie auf der Rechtsprechungs-Seite). Es hat darin auch festgestellt, dass Menschen das Recht haben, für die Umsetzung einer solchen Entscheidung die Hilfe Dritter (Menschen oder Organisationen) in Anspruch zu nehmen. Über die seither vergeblichen Bemühungen der Mitglieder des Deutschen Bundestages, dieses Urteil in eine rechtlich verbindliche gesetzliche Regelung umzusetzen, informiere ich auf der Seite „Selbstbestimmt sterben – aber wie?.

*) Ursprünglich hatte ich diese Ausführungen der Seite Selbstbestimmt sterben – aber wie?“ mit der Überschrift „Eine Einführungvorangestellt. Um diesen Webauftritt ein wenig übersichtlicher zu gestalten, vor allem aber, um die Elemente „Erläuterung und Berichterstattung“ zu diesem Thema voneinander zu trennen, habe ich mich im Juli 2023 (auch angesichts der Tatsache, dass eine politische Entscheidung zur Umsetzung des Bundesverfassungsgerichts-Urteils noch immer aussteht) zu einer Neustrukturierung dieses Themenkomplexes innerhalb meiner Website entschieden.



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